Die Wissenschaftliche Kommission für ein modernes Vergütungssystem (KOMV) hat in einem 239 Seiten umfassenden Gutachten den Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) abgearbeitet, „unter Berücksichtigung aller hiermit zusammenhängenden medizinischen, rechtlichen und wirtschaftlichen Fragen Vorschläge vorzulegen, wie ein modernes Vergütungssystem geschaffen werden könnte, das den Versorgungsbedarf der Bevölkerung und den Stand des medizinischen Fortschritts abbildet.“
In Abwägung der Vorzüge und Probleme bei dem Übergang zu einer Einheitsgebührenordnung schlägt die KOMV vor, statt einer Vollvereinheitlichung des Vergütungsrechts das Konzept einer „partiellen Harmonisierung“ zu verfolgen. Dieses würde, so heißt es, die positiven Aspekte einer Vereinheitlichung partiell aufgreifen, dabei jedoch den Herausforderungen einer einheitlichen Vergütung Rechnung tragen.
Ein einheitliches Vergütungsrecht für die ambulante ärztliche Vergütung sei mit „erheblichen Herausforderungen“ verbunden, stellt die KOMV in ihrem Gutachten fest. Abhängig von der Ausgestaltung einer Einheitsgebührenordnung könnten bei einer Angleichung des Vergütungsniveaus auf EBM-Niveau die Mittel in der ambulanten Versorgung um etwa 7 Milliarden Euro sinken. Soll das Vergütungsniveau insgesamt unverändert bleiben, müssten die Vergütung im vertragsärztlichen Bereich angehoben und dauerhaft Mittel hierfür generiert werden – z.B. durch eine deutliche Anhebung des GKV-Beitragssatzes (7 Milliarden Euro entsprechen ungefähr 0,5 Beitragssatzpunkten), durch zusätzliche Selbstbeteiligungen der GKV-Versicherten oder durch eine Erhöhung des Bundeszuschusses.
Doch auch dann, wenn das Vergütungsniveau in der Summe über alle Leistungserbringer konstant bliebe, würde es Gewinner und Verlierer geben. Tendenziell würden die ärztlichen Honorare in der Stadt sinken und im ländlichen Bereich steigen. Mehreinnahmen würden zudem die neuen Bundesländer verzeichnen, während in den alten Bundesländern mehrheitlich Mindereinahmen anfielen. Innerhalb der Ärzteschaft würde eine Umverteilung von operativ zu konservativ tätigen Arztgruppen stattfinden: Gewinner wären insbesondere die hausärztliche und überwiegend auch die psychiatrische Versorgung.
Bei genauer Betrachtung sieht das Konzept der „partiellen Harmonisierung“ der Vergütungssysteme deutliche Schritte in Richtung einer Vereinheitlichung der Vergütungsregelungen in der GKV und der PKV vor:
- Zu den einheitlichen Regelungsbereichen gehören die Definition der ärztlichen Leistungen (sog. „Leistungslegendierung“) und die relative Kostenbewertung, d.h. die ökonomische Bewertung der Leistungen im Vergleich zueinander. Für beides sollen nach Auffassung der Kommission neue gemeinsame Gremien der vertrags- und privatärztlichen Versorgung zuständig sein.
- Die Preise sollen hingegen weiterhin getrennt für GKV und PKV vereinbart werden. Dabei können neben den Kosten auch andere Gesichtspunkte einfließen, wie z.B. regionale, fachspezifische und mengenbezogene Aspekte. Angesichts der bestehenden sehr unterschiedlich gestalteten Versicherungssysteme empfiehlt die KOMV keine gemeinsame Honorarordnung mit einheitlichen Preisen.
- Die GOÄ soll künftig als Verhandlungslösung zwischen der Bundesärztekammer (BÄK) und der PKV ausgehandelt werden.
- Aus Gründen des Patienten- bzw. Verbraucherschutzes schlägt die Kommission außerdem vor, dass Mindestqualitätsstandards für die vertrags- und privatärztliche Versorgung künftig gemeinsam und einheitlich definiert werden. Darüber hinaus sollen die Verhandlungspartner auch noch weitergehende Anforderungen festlegen können.
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