Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) hat angekündigt, noch vor dem Jahresende 2019 einen Gesetzentwurf zur Neuordnung der Notfallversorgung vorzulegen. Es ist davon auszugehen, dass sich dieser Entwurf weitgehend an den Vorstellungen im Hause Spahn orientieren wird, die Mitte Juli in einem Diskussionsentwurf als „Versuchsballon“ (nicht mit der Hausleitung abgestimmt) in die Öffentlichkeit getragen wurden.
Die Notfallversorgung in Deutschland soll nach den Vorstellungen des BMG unter Berücksichtigung der Perspektive der Patientinnen und Patienten effektiver und effizienter gestaltet werden, sodass die Patientinnen und Patienten angemessen durch die Notfallversorgungsstrukturen gesteuert werden.
Die vom BMG vorgeschlagenen Maßnahmen:
1. Gemeinsame Notfallleitstellen (GNL)
Die zentrale Lotsenfunktion der integrierten medizinischen Notfallversorgung übernehmen künftig GNL als jederzeit erreichbare telefonische Ansprechpartner. GNL werden von den Ländern unter Beteiligung der Kassenärztlichen Vereinigungen durch die verbindliche Zusammenarbeit der Rufnummern 112 und 116-117, das heißt, der rettungsdienstlichen Leitstellen und der Kassenärztlichen Vereinigungen, geschaffen. Im Vordergrund steht dabei ein gemeinsames und verbindliches Verständnis zur Einschätzung der Dringlichkeit des medizinischen Versorgungsbedarfs und der Disposition der erforderlichen medizinischen Versorgung. GNL disponieren sowohl rettungsdienstliche als auch bereitschaftsdienstliche Strukturen, gegebenenfalls auch durch telemedizinische Leistungen.
Vorgesehen ist eine umfassende Kooperationsverpflichtung der an der medizinischen Notfallversorgung Beteiligten, die sich ganz wesentlich auf eine digitale Vernetzung und eine zentrale Steuerung durch GNL bezieht. Dies beinhaltet die interaktive Nutzung einer digitalen Dokumentation zur Übertragung der zur Weiterversorgung erforderlichen Daten. Wesentlich ist auch eine bundesweite Echtzeitübertragung der Versorgungskapazitäten der an der Notfallversorgung Beteiligten.
2. Integrierte Notfallzentren (INZ)
Als zentrale, jederzeit zugängliche Einrichtungen der medizinischen Notfallversorgung werden INZ geschaffen, die nach Eintreffen der oder des Hilfesuchenden eine qualifizierte Ersteinschätzung des Versorgungsbedarfs leisten und vor Ort die aus medizinischer Sicht unmittelbar erforderliche ambulante Notfallversorgung erbringen oder eine stationäre Versorgung veranlassen. INZ werden von den Kassenärztlichen Vereinigungen und den Krankenhäusern gemeinsam errichtet und betrieben und räumlich derart in ein Krankenhaus eingebunden, dass sie von den Patientinnen und Patienten als erste Anlaufstelle im Notfall wahrgenommen werden. Die Länder übernehmen die zentrale Rolle zur Planung und Gestaltung der integrierten medizinischen Notfallversorgung in Deutschland und berücksichtigen dabei die bestehenden Strukturen des vertragsärztlichen Notdienstes, insbesondere sogenannte Portalpraxen.
3. Rettungsdienst als Leistungsbereich der gesetzlichen Krankenversicherung
Die medizinische Notfallversorgung der Rettungsdienste der Länder wird als eigenständige Leistung der medizinischen Notfallrettung anerkannt und unabhängig von der Inanspruchnahme anderer Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung gewährt. Damit wird der zentralen Bedeutung der rettungsdienstlichen Notfallversorgung für eine effektive Notfallversorgung Rechnung getragen. Die teilweise hochspezialisierte medizinische Notfallversorgung am Notfallort und während der Rettungsfahrt sowie ein unmittelbar am Notfallort einsetzendes, präklinisches Fallmanagement haben erhebliche Bedeutung für die Qualität der Notfallversorgung und damit einen entscheidenden Einfluss auf den Behandlungserfolg der medizinischen Notfallversorgung.
4. Ausweitung der Gesetzgebungskompetenz des Bundes
Die Weiterentwicklung des Rettungsdienstes als eigenständiger Leistungsbereich der gesetzlichen Krankenversicherung und die damit verbundene Koordination von Rettungsdienst und anderen Einrichtungen der medizinischen Notfallversorgung erfordern bundesweite Rahmenvorgaben sowie eine Aufteilung der Finanzierungszuständigkeiten zwischen Bund und Ländern. Dabei soll jedoch grundsätzlich an der nach geltender Rechtslage gemäß Artikeln 30 und 70 des Grundgesetzes (GG) bestehenden Regelungsverantwortung der Länder für die Organisation und Durchführung des Rettungsdienstes festgehalten werden.
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